Turnèbe an Camerarius, 15XX

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
Wechseln zu: Navigation, Suche



Chronologisch vorhergehende Briefe
Briefe mit demselben Datum
Chronologisch folgende Briefe
 Briefdatum
Turnèbe an Camerarius, 15.05.155515 Mai 1555 JL
Camerarius an Turnèbe, 13.03.155513 März 1555 JL
 Briefdatum
Camerarius an Turnèbe, 15561556 JL
Turnèbe an Camerarius, 15XX1556 JL
 Briefdatum
Camerarius an Turnèbe, 15591559 JL
Turnèbe an Camerarius, 10.07.155910 Juli 1559 JL
Camerarius an Turnèbe, 12.03.156012 März 1560 JL
Werksigle OCEp 0382
Zitation Turnèbe an Camerarius, 15XX, bearbeitet von Manuel Huth und Alexander Hubert (29.07.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0382
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae doctorum, 1568
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. L8r-M2r
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Adrien Turnèbe
Empfänger Joachim Camerarius I.
Datum
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum o.D.

Terminus post quem ist das Datum von Camerarius an Turnèbe, 1556, der aber nur mit Jahr datiert ist, Terminus ante quem das zweite von zwei möglichen Todesdaten von Pierre Galland, der im Brief als dessen Überbringer erwähnt wird und der im Spätsommer (30. August oder 6. September) 1559 in Paris starb. Wegen der Datierung von Turnèbe an Camerarius, 10.07.1559 kann vermutlich sogar dieses Datum als Terminus ante quem genommen werden.

Unscharfes Datum Beginn 1556
Unscharfes Datum Ende 1559/09/06
Sprache Griechisch
Entstehungsort o.O.
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Κομισάμενος τὰ παρά σου
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Paratext zu
Kurzbeschreibung
Anlass Stilkritik
Register
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand validiert
Notizen
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:MH; Benutzer:HIWI
Gegengelesen von Benutzer:JS; Benutzer:US
Datumsstempel 29.07.2019
Werksigle OCEp 0382
Zitation Turnèbe an Camerarius, 15XX, bearbeitet von Manuel Huth und Alexander Hubert (29.07.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0382
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae doctorum, 1568
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. L8r-M2r
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Adrien Turnèbe
Empfänger Joachim Camerarius I.
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum o.D.

Terminus post quem ist das Datum von Camerarius an Turnèbe, 1556, der aber nur mit Jahr datiert ist, Terminus ante quem das zweite von zwei möglichen Todesdaten von Pierre Galland, der im Brief als dessen Überbringer erwähnt wird und der im Spätsommer (30. August oder 6. September) 1559 in Paris starb. Wegen der Datierung von Turnèbe an Camerarius, 10.07.1559 kann vermutlich sogar dieses Datum als Terminus ante quem genommen werden.

Unscharfes Datum Beginn 1556
Unscharfes Datum Ende 1559/09/06
Sprache Griechisch
Entstehungsort o.O.
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Κομισάμενος τὰ παρά σου
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Anlass Stilkritik
Datumsstempel 29.07.2019


Regest

Turnèbe habe sich über Camerarius' Brief ehrlich gefreut, teils weil, wie Camerarius als zweites geschrieben habe, er ihrer Freundschaft, die sie im vorhergehenden Brief geschlossen hätten, treu bleiben wolle (s. Anm.), teils auch weil der Brief durch die Mischung von blumigem und glattem Stil nach "ehrlicher attischer Arbeit gerochen" habe. Nur eines behage ihm nicht, dass Camerarius sie, die hier in Frankreich seien, glücklicher genannt habe als seine eigene Situation (vgl. Camerarius an Turnèbe, 1556), wobei er doch ihre Lage vollkommen falsch einschätze.

Denn wie manche Metallarbeiten, wenn sie vergoldet oder gelblich seien, vorgaukelten, aus echtem Gold zu sein, so täusche auch ihre Situation durch einen gewissen Abglanz und offenbare sich jedem als falsch, der sich die Mühe mache, sie aus der Nähe zu betrachten. Denn sie hätten in Frankreich Mangel an Büchern, in Deutschland aber sei Überfluss, und sie glaubten fast, man grabe dort, wie schon nach Silber und Erz, nun auch nach Büchern, wenn sie die Menge an importierten Büchern sähen. Frankreich litte an großem Mangel, würde nicht Deutschland seinen Reichtum an Büchern zur Verfügung stellen.

Außerdem werde ihr Land von Krieg auf Krieg erschüttert, wobei bisweilen selbst die Gefahr einer Revolution ((ὁ) περὶ ἀναστάσεως κίνδυνο(ς)) bestehe. Es gebe nie auch nur eine kurze Ruhephase. Camerarius wisse aber ja, dass unter dem Krieg alle zu leiden hätten. Nun würden alle durch außerordentliche Steuern aufgerieben. In ihren Kriegen komme es zu schwerwiegenden Entscheidungen und Umschwüngen, sie selbst jedoch litten darunter wie an einer chronischen Krankheit, und wenn doch einmal eine Waffenruhe eintrete, genössen sie nicht etwa den Frieden, sondern fürchteten bereits wenig später erneut einen Angriff.

Die, die sich um die Wissenschaften bemühten, plage die Sorge um den eigenen Tod, während einige Gottesgelehrte (s. Anm.) nur auf den rechten Augenblick warteten, um ihnen ein Bein zu stellen. Diese nämlich zögerten nicht, sie Verderber der Jugend zu nennen und noch Schlimmeres; sie flüsterten dies sogar dem König und seinen Beratern ein. Denn nicht nur in Arkadien lebten, wie das Sprichwort besage, Menschen, die sich von Eicheln ernährten (seit Herodot eine Metapher für kulturelle Rückständigkeit, Anm. d. Verf.), sondern auch in Paris.

Nun frage Turnèbe Camerarius: Seien sie, die Bewohner Frankreichs, deren Hass und Gedächtnis für erlittene Schmach ewig währe, nun glücklich zu schätzen oder nicht doch eher zu bemitleiden?

So verkröchen sich Turnèbe und seine Mitstreiter gezwungenermaßen und lernten, die Verschwiegenheit zu lieben. Denn wer sich auflehne und sich weigere zu schweigen, den treffe auf der Stelle der schreckliche Vorwurf der Häresie oder gar die Strafe auf dem Scheiterhaufen. Warum also schätze er sie glücklich, die von allen unter der Sonne das schlimmste Los gezogen hätten?

Camerarius sei entweder mürrisch und undankbar für den Frieden und erbitte obendrein noch Wohlstand, oder er mache sich über sie in Frankreich lustig und es verberge sich Spott hinter seiner Äußerung, es sei denn, Camerarius habe nur verhindern wollen, dass ihn selbst der Neid treffe. Doch er brauche sich nicht zu bemühen, denn Frankreich werde selbst im Unglück beneidet und noch dazu bemitleidet von vielen frechen Schwächlingen, die sich bemühten, die freie Wissenschaft hinauszuwerfen, wie die Epheser einst den Hermodorus mit der Begründung, niemand unter ihnen solle der Beste unter ihnen sein (s. Anm.).

Camerarius kenne nun die Alternative zu dem, worüber er sich beklagt habe, nämlich das, was er ihm anvertraut habe. Je besser die Dinge seien, die sie untersuchten, desto edler verhüllten sie, so gut möglich, das Schlechte, konfrontiert mit dem schlimmsten Dämon, und machten das Unglück nicht öffentlich, außer wenn sie, wie nun er von Camerarius, gezwungen würden. Wenn er aber so recht darüber nachdenke, müsse er eigentlich Camerarius beneiden, da er selbst ja aus der bewohnten Welt ausgeschlossen sei, Camerarius dagegen die Einsamkeit von selbst liebe. Turnèbe selbst werde sogar von unzähligen Augen bewacht, und Neid und Verleumdung träfen ihn besonders gerne. Camerarius aber fahre glücklich außerhalb von Wellen und Gischt auf einem ruhigen Meer, während sie mit Klippen und Strudeln rängen.

Im Übrigen sei der Überbringer des Briefes Pierre Galland (s. Anm.), der Camerarius alles Guten wünschen solle, wie er es verdiene, und seine Klugheit bewundere.

(Alexander Hubert)

Anmerkungen

  • "ihrer Freundschaft, die sie im vorhergehenden Brief geschlossen hätten, treu bleiben": Dies bezieht sich wohl auf den ersten Brief des Camerarius an Turnèbe. Dessen Einordnung als "vorletzter Brief" des Camerarius sowie der Inhalt des ersten Absatzes geben Grund dazu, den vorliegenden Brief als Antwort auf Camerarius an Turnèbe, 1556 zu sehen und damit als vierten Brief im gesamten Briefwechsel der beiden.
  • "einige Gottesgelehrte": Es könnte sich hierbei um Mitglieder der Sorbonne handeln, die, geführt von Theologen, seit dem frühen 16. Jahrhundert zunehmend konservativ geworden war. 1529 verbot sie das Studium von Hebräisch und Altgriechisch und stemmte sich auch vehement gegen die Einführung des Jesuitenordens in Frankreich. Das Collège des lecteurs royaux, heute Collège de France, an dem Turnèbe lehrte, war als Gegenpol zur Sorbonne angelegt, mit freier Lehre aller Fächer.
  • "wie die Epheser einst den Hermodorus mit der Begründung, niemand unter ihnen solle der Beste unter ihnen sein": Hermodor von Ephesos wurde aus seiner Stadt verbannt, weil niemand unter ihren Bürgern der Angesehenste sein sollte.
  • Pierre Galland: Dieser war der Lehrer Adrien Turnèbes.