Camerarius an Crato, 27.12.1560
Briefe mit demselben Datum | ||||||||||||||||||||||
|
|
|
Werksigle | OCEp 0338 |
---|---|
Zitation | Camerarius an Crato, 27.12.1560, bearbeitet von Manuel Huth, Ulrich Schlegelmilch und Anne Kram (25.05.2022), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0338 |
Besitzende Institution | |
Signatur, Blatt/Seite | |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae Eobani, 1561 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. S5r-S8r |
Zweitdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1595 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | S. 339-345 |
Sonstige Editionen | |
Wird erwähnt in | |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Johannes Crato |
Datum | 1560/12/27 |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | Die Datierung im Erstdruck (VI. Calend. Ianuarii. Anno Christi. M. D. LXI.) legt zunächst Ende 1561 nahe, doch weist der den "Epistolae Eobani" vorangestellte, eindeutig Cal. Dec. MDLX datierte Brief an Leonhard Crispinus darauf hin, daß die Fertigstellung des Bandes noch im alten Jahr erfolgte. |
Unscharfes Datum Beginn | |
Unscharfes Datum Ende | |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Quod a me petis ut curem quamplurimas epistolas meas divulgandas |
Link zur Handschrift | |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Paratext zu | |
Kurzbeschreibung | |
Anlass | |
Register | Briefe/Parallelüberlieferung; Briefe/Briefsammlung; Divination und Prodigien |
Handschrift | unbekannt |
Bearbeitungsstand | validiert |
Notizen | |
Wiedervorlage | ja |
Bearbeiter | Benutzer:MH; Benutzer:US; Benutzer:AK |
Gegengelesen von | Benutzer:US |
Datumsstempel | 25.05.2022 |
Werksigle | OCEp 0338 |
---|---|
Zitation | Camerarius an Crato, 27.12.1560, bearbeitet von Manuel Huth, Ulrich Schlegelmilch und Anne Kram (25.05.2022), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0338 |
Ausreifungsgrad | Druck |
Erstdruck in | Camerarius, Epistolae Eobani, 1561 |
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck | Bl. S5r-S8r |
Zweitdruck in | Camerarius, Epistolae familiares, 1595 |
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck | S. 339-345 |
Fremdbrief? | nein |
Absender | Joachim Camerarius I. |
Empfänger | Johannes Crato |
Datum | 1560/12/27 |
Datum gesichert? | nein |
Bemerkungen zum Datum | Die Datierung im Erstdruck (VI. Calend. Ianuarii. Anno Christi. M. D. LXI.) legt zunächst Ende 1561 nahe, doch weist der den "Epistolae Eobani" vorangestellte, eindeutig Cal. Dec. MDLX datierte Brief an Leonhard Crispinus darauf hin, daß die Fertigstellung des Bandes noch im alten Jahr erfolgte. |
Sprache | Latein |
Entstehungsort | o.O. |
Zielort | o.O. |
Gedicht? | nein |
Incipit | Quod a me petis ut curem quamplurimas epistolas meas divulgandas |
Regest vorhanden? | ja |
Paratext ? | nein |
Register | Briefe/Parallelüberlieferung; Briefe/Briefsammlung; Divination und Prodigien |
Datumsstempel | 25.05.2022 |
Regest
Cratos Bitte, Camerarius solle möglichst viele seiner eigenen Briefe veröffentlichen, zeige seine hohe Meinung von Camerarius und sein Interesse an dessen Schriften. In der derzeitigen Situation habe Camerarius Cratos Wunsch aber nicht nachkommen können. Denn er habe keine Zeit gehabt, seine Papiere zu sortieren und die Konzepte der Briefe zusammenzutragen, wenn es denn überhaupt Konzepte gebe, da die Überarbeitung anderer Werke, die schnell druckfertig gemacht werden mussten (?), es nicht zugelassen habe, dass er seine Briefe zusammensuche, und da einige notwendige Reisen sein Vorhaben verzögert hätten. Denn er habe noch eigene Briefe hinzufügen wollen, die den in diesem Buch abgedruckten Antwortbriefen seiner Briefpartner vorhergingen, sowie einige andere Briefe, die in manchen Briefen erwähnt seien. Aber aus Zeitmangel könne er sich gerade nur um aktuelle Angelegenheiten kümmern und beinahe gar nicht für die Zukunft planen. Dennoch habe er das wenige, das ihm beim Durchblättern eines Papierstapels zufällig in die Hände gefallen sei, hier und da in diese Sammlung eingefügt. Dieser Briefband sei so vielgestaltig und uneinheitlich, dass er das Urteil einiger Kritiker über seine Arbeit fürchte. Bei Gelegenheit wolle er aber auch noch andere an ihn adressierte Briefe von gelehrten Männern in einer sorgfältigeren Zusammenstellung veröffentlichen und vielleicht noch mehrere eigene Briefe hinzufügen.
Was er Crato auf seine Frage nach Camerarius‘ Arbeiten schreiben solle, wisse er nicht. Cratos Meinung von seinen bereits erschienenen Werken sei besser als seine eigene. Es gebe aber noch einige angefangene und unvollendete Werke, vor allem viele kleine Gedichte: Ein Teil davon seien in müßigen Stunden entstandene Spielereien, die man deshalb als Παίγνια betiteln könne, ein Teil auf einsamen Reisen verfasste Gedichte, die man Ἐνόδια nennen könne, und einen dritten Teil, darunter auch bukolische Eklogen, habe er mit großer Mühe in einer Rückzugsphase im Jahr 1535 verfasst und später noch um weitere Gedichte ergänzt. Aber auch Reden, die zu verschiedenen Gelegenheiten bei ihnen (in Leipzig) gehalten worden seien, lägen zusammen mit Epitaphien überall zwischen seinen Papieren. Er habe einige historische Schriften zu Oporinus geschickt (s. Anm.), die, wie er hoffe, herausgegeben und auf der Frankfurter Messe vorgestellt würden. Über anderes, was noch der letzten Überarbeitung bedürfe, werde er nichts sagen, weil er nicht wisse, wann er dazu komme. In den Offizinen (in Leipzig) werde beinahe kein Werk gedruckt, bevor seine Verkaufschancen nicht geprüft worden seien. Ernst (Vögelin), zu dem er Crato bei seinem Aufenthalt hier (in Leipzig) letzten Sommer mitgenommen habe, statte seine Offizin mit großem Aufwand und Kosten aus und wolle irgendwann Werke alter Autoren drucken und baldmöglichst die Werke Ciceros bearbeiten. Dabei werde Camerarius ihm vielleicht etwas helfen. Aber auch bei allen anderen Schriften griechischer und lateinischer Autoren könnte er ihn sicher unterstützen.
Der Niedergang der Wissenschaften und Künste lähme ihn ebenso wie die vielfältigen Sorgen und Verpflichtungen. Er wisse jedoch nicht, was er dagegen tun könne. Bei seinen Arbeiten sei aber nicht viel Schaden zu erwarten. Jedoch ändere sich die staatliche Situation hoffentlich so, dass man die vollendeten und bedeutenden Werke anderer Autoren edieren und lesen könne. Denn offensichtlich kümmere sich beinahe keiner um die Bewahrung – ganz zu schweigen von der Vermehrung – der Errungenschaften dieses Zeitalters und der letzten Jahre. Keiner bewundere mehr die Schönheit und Gelehrsamkeit der schönen Wissenschaften und Künste, wie die Jungen den Vogel der Juno, wie der Dichter (Juvenal) sage (Juv. 7,32). Die Zukunft sei absehbar. Die Wissenschaften lägen brach und beinahe keiner betreibe sie noch richtig. Man strebe unüberlegt zu öffentlichen Ämtern und verwalte und erledige alles so, dass man bei genauer Betrachtung fürchten müsse, dass der freien Bildung und den Wissenschaften der Untergang bevorstehe. Hoffentlich gehe damit nicht der Untergang des Staates einher, denn die Schäden seien schon allzu offensichtlich. Alles Menschliche und Irdische sei aber vergänglich und ändere sich. In jeder Zeit sei jedoch etwas anderes von Wert und werde erstrebt, aber manchmal schlage die Situation sogar noch viel schneller um und ändere sich im Stundentakt.
Dass Gott aber die wichtigsten und folgenreichsten Veränderungen durch sogenannte Vorzeichen und Wunder ankündige, sei allen klar. Kein Jahrhundert habe aber mehr von diesen in ihrer Gestalt erstaunlichen und in ihrer Wirkung verheerenden Vorzeichen gesehen als das ihre. Daran habe ihn beim Niederschreiben dieses Briefes die Lichterscheinung erinnert, die in der Farbe glühenden Eisens in einem weiten Bogen am nördlichen Himmel erschienen sei und sich in Streifen nach unten erstreckte. Er habe diesen ungewöhnlichen Himmel betrachtet und die Sterne, die in diesem feurigen Glanz hell in ihrem Licht erstrahlten. Dies sei zur sechsten Stunde nach Mitternacht gewesen. Andere Gelehrte hätten andere wiederkehrende Abläufe (περίοδοι) bei großen Veränderungen festgestellt – nach dem Umlauf der Himmelskörper, wie einst die Ägypter, oder nach bestimmten Jahresabständen wie die Etrusker. Es sei offensichtlich, dass sie sich gerade an einem einzigartigen und erstaunlichen Wendepunkt befänden. Dass sich aber die traurigen Umstände des drohenden Unheils unmittelbar auf die Studien auswirkten, sei aus der verächtlichen Gleichgültigkeit der Menschen abzulesen.
Er bitte Crato um die Freundlichkeit, das Buch, dessen Edition Crato vorangetrieben habe, nun auch zu verteidigen. Denn in der Tat seien bei der Erstellung des Briefbandes nicht mehr Papiere verloren gegangen, keine größeren Kosten entstanden und es sei nicht weniger gut gearbeitet worden als derzeit überall üblich. Denn teils würden schlechte und gefährliche, teils oberflächliche und unbedeutende und teils völlig nichtige und lächerliche Schriften veröffentlicht. Aber die Lektüre der Schriften, vor allem seiner Freunde, die anständige und gelehrte Männer seien, habe ihm Freude bereitet wie ein Treffen und ein Gespräch unter Vertrauten. Sehr viele ihrer Schriften zeugten von ihrem guten Urteil über Camerarius. Deshalb könne er, wenn Neider behaupteten, er veröffentliche diese Worte auf der Jagd nach einem Quäntchen Ruhm, nicht leugnen, dass er versucht habe, seinen Ruf dadurch zu verbessern, aber er halte das Lob lobenswerter Männer nicht für schlecht und seine Freude darüber nicht für tadelnswert. Gerade wegen dieser Leute, die andere kleinredeten und schikanierten, habe er dies veröffentlicht und es nicht zurückgehalten. Schließlich werde doch nur Unbedeutendes gelobt, wie eine gewisse Kenntnis der griechischen und lateinischen Sprache und das Interesse für Autoren der beiden Sprachen sowie eine gewisse Bemühung um eine klare und korrekte Ausdruckweise. Sicher würden ihn die meisten bei einem Wettkampf auf diesen Gebieten gerne gewinnen lassen und so, wie ein junger Mann in der Komödie sage, dass er nicht um eine alte Frau kämpfen wolle, würden nur sehr wenige überhaupt hierin wetteifern wollen. Er habe sich jedoch von frühester Kindheit an mit diesen Fachgebieten beschäftigt und währenddessen die Gelegenheiten, zu Reichtum und Ansehen zu gelangen, vernachlässigt. Jeder Unmut darüber sei also verspätet und vergebens. Er werde diesen Kurs weiterverfolgen, vor allem aus Freude daran und unabhängig davon, ob es das einzig Vernünftige oder eine irrtümliche Leidenschaft sei.
Dies alles schreibe er, weil er nicht zögere, Crato einen Brief im Plauderton wie bei einem ihrer persönlichen Gespräche zu schicken. Aber auch wenn ihr beider Schicksal kein Beisammensein erlaubt habe, so habe es ihnen die gegenseitige Zuneigung und Treue nicht genommen und werde sie ihnen mit Gottes Gunst auch niemals nehmen. Aber ein Wort gebe das andere (Eur. Tr. 706) – weswegen er hier abbreche.
Grüße von Camerarius‘ Familie an Cratos Familie. Lebewohl.
(Anne Kram)
Anmerkungen
- zu Oporinus geschickt: vgl. den Brief von Camerarius an Oporinus vom 25.8.1560.