Crotus an Camerarius, 09.03.1526

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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 Briefdatum
Crotus an Camerarius, 09.03.15269 März 1526 JL
 Briefdatum
Crotus an Camerarius, 13.06.152713 Juni 1527 JL
Werksigle OCEp 0224
Zitation Crotus an Camerarius, 09.03.1526, bearbeitet von Manuel Huth, Maximilian Wolter und Vinzenz Gottlieb (07.07.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0224
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae Eobani, 1561
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. F2r-F3r
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Crotus Rubianus
Empfänger Joachim Camerarius I.
Datum 1526/03/09
Datum gesichert? nein
Bemerkungen zum Datum
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort Königsberg
Zielort Bamberg
Gedicht? nein
Incipit Quanquam otium scribendi nullum est mihi
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Paratext zu
Kurzbeschreibung
Anlass
Register
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand korrigiert
Notizen VG, 5.10.22: Ich habe das Regest ergänzt; einiges ist aber noch unklar:
  • Stomacharis etenim in mores praebentium malorum occasionem: ist das korrekt übersetzt?
  • Einige genannte Personen konnte ich noch nicht zuordnen. Sie dürften aber überwiegend im Bereich der Erfurter Humanisten zu finden sein.
  • Gibt es den Brief von C. an Crotus vom 9.1.1526 handschriftlich?
  • Den Bearbeitungsstand habe ich auf "korrigiert" gesetzt.
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:MH; Benutzer:HIWI7; Benutzer:VG
Gegengelesen von
Datumsstempel 7.07.2023
Werksigle OCEp 0224
Zitation Crotus an Camerarius, 09.03.1526, bearbeitet von Manuel Huth, Maximilian Wolter und Vinzenz Gottlieb (07.07.2023), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_0224
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Epistolae Eobani, 1561
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. F2r-F3r
Fremdbrief? nein
Absender Crotus Rubianus
Empfänger Joachim Camerarius I.
Datum 1526/03/09
Datum gesichert? nein
Sprache Latein
Entstehungsort Königsberg
Zielort Bamberg
Gedicht? nein
Incipit Quanquam otium scribendi nullum est mihi
Regest vorhanden? ja
Paratext ? nein
Datumsstempel 7.07.2023


Zielort mutmaßlich

Regest

Auch wenn er derzeit eigentlich keine Muße habe und schwer beschäftigt sei, habe er nicht anders gekonnt, als auf Camerarius‘ Brief vom 9. Januar zu antworten, der bei ihm am 4. März angekommen sei. Darin habe er über drei Themen gesprochen: Zunächst den Ärger über den Sittenverfall. Als zweites habe er von dem Vorhaben der Schule in Nürnberg erzählt. Zuletzt erhoffe er sich für seinen Freund (Jakob Fuchs; s.u.) eine glückliche Verlobte.

Im ersten Punkt singe Camerarius ein vielgenutztes Klagelied über den Verfall der Frömmigkeit, an dessen Schluss er mit großer Bitterkeit feststelle, dass sie alle, die diese Zeiten der Übel und des Chaos schwer aufnähmen, dumm seien, wo doch offensichtlich sei, dass Gott so die Zügellosigkeit der Menschen geraderücke. Damit habe Camerarius den Nagel auf den Kopf getroffen. Tatsächlich sehe man überall große Übeltaten, Schwelgsucht, Raub und Gewalt, Meineid, Vermengung des Göttlichen und Menschlichen. Oft geschehe dies unter dem Vorwand der Frömmigkeit. Laut werde unter rhetorischem Schmuck geeifert. Was habe er zu den Erfurter pilei (s. Anm.) zu erzählen? Wie erfolge die sprachliche Kommunikation zwischen seinen Thüringern und Camerarius‘ Franken? Letztere sprächen die Diphthonge mit Hiat und die Vokale mit weit offenem Mund aus und würden dabei kein Maß kennen. Die Thüringer wiederum zögen die Wörter so sehr in die Länge, dass sie dabei wie Frauen wirkten. Einen Lempus (Jakob Lempus?) kenne er nicht. Paul (Speratus?) sei am Katheder ein Zwerg mit seinem krummen Fuß und seinen beringten Handschuhen. Usingus (Bartholomäus Arnoldi?) verschlucke die Wörter, die die Franken herausströmen ließen. Über Hugo (s. Anm.) habe C. ein Lachen bei Crotus hervorgerufen, weil er seinen Beinamen weggelassen habe. Er heiße eigentlich Binominis Hugo Carrensis (s. Anm.). Er sei ein Wahrsager (Chaldeus), denn er mache Vorhersagen aufgrund der Handlinien. Ferobenius (s. Anm.) reise eigentlich nie aus Thüringen aus, aber zur Zeit sei er in der Ferne. Er hätte gerne, dass Camerarius ihm Trost spende.

Der Schule in Nürnberg wünsche er alles Gute, allein schon wegen des noblen Ziels, aber auch weil sich dadurch hoffentlich die Kassen des Königs (s. Anm.) füllen könnten. Er selbst wolle lieber, wenn er kein vergilisches Ross haben kann, ein gewöhnliches Pferd nutzen, als dass er als Fußsoldat marschiere.

Zum dritten Punkt: er solle den Brief an Jakob (s. Anm.) lesen. Die Verlobte heiße Magnesia und sei 17 Jahre alt; nichts schöneres, gebildeteres und keuscheres gebe es unter der Sonne. Er solle mit der Heirat nicht zögern. Denn wie ein Dichter richtig gesagt habe, sei jemand, der heute nicht der richtige ist, morgen noch weniger richtig.

Hier tröste ihn einzig die Menschlichkeit des Fürsten (Albrecht (Preußen)?). Er solle doch öfter schreiben, oder riskieren, dass der König auf ihn wütend werde. Lebewohl. C. möge nochmals auf den früheren Brief bezüglich seiner Berufung (nach Nürnberg?) antworten. (Georg) Bonaemylius lasse grüßen.

(Maximilian Wolter, Vinzenz Gottlieb)

Anmerkungen

  • Typisch für Crotus sind der Spott, mit dem er Dritte überzieht, und seine Wortspiele.
  • tenuem regem quam te velim esse Crassum: der König ist Helius Eobanus Hessus: diese Bezeichnung geht zurück auf einen Ausspruch von Johannes Reuchlin, der Hessus in Anspielung auf dessen Namen als ἑσσῆνα bezeichnet hatte. Hessus nutzte diesen Begriff in der Folge als Selbstbezeichnung in der Sodalität (Erfurt) (vgl. Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553, Bl. Cr. Die Erwähnung seiner Kasse deutet auf seine ständige Geldknappheit hin.
  • Jakob Fuchs von Walburg: Dieser fränkische Ritter hatte mit C. 1525 eine Reise nach Preußen unternommen und gedachte, sich nach dem Rückzug aus dem Priesterstand zu verheiraten (vgl. Clemen 1926, S. 314, Nr. 456a). Crotus versuchte, ihm beim Finden einer Frau zu helfen, auch über Johann Hess (vgl. Bernstein 2022, S. 210-212 und den Brief des Crotus an J. Hess, 22.9.1525).
  • Ferobenius: vielleicht Peter Eberbach. Der Namensteil fer- ("wild") könnte metonymisch für "Eber" gebraucht sein.
  • Hugo Carrensis: vielleicht eine Anspielung auf den Bibelkommentator Hugo von Saint-Cher (Hugo Carensis). Die Schreibweise mit rr nutzte auch Erasmus von Rotterdam (wahrscheinlich ironisch: vgl. M.L. van Poll-van de Lisdonk: Opera omnia Desiderii Erasmi Roterodami, VI/9: Annotationes in Novum Testamentum, pars quinta. Leiden/Boston 2009, S. 34).
  • pilei: Das bezeichnet vielleicht die von Rom frei gewordenen Christen in Erfurt, also die Evangelischen.

(Für viele Hinweise gebührt Torsten Woitkowitz unser Dank)

Literatur