Camerarius an Crato, 20.11.1567

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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 Briefdatum
Camerarius an Crato, 25.05.156725 Mai 1567 JL
Camerarius an Crato, 24.04.156724 April 1567 JL
Camerarius an Crato, 11.04.156711 April 1567 JL
 Briefdatum
Camerarius an Crato, 20.11.156720 November 1567 JL
 Briefdatum
Camerarius an Crato, 25.11.156725 November 1567 JL
Camerarius an Crato, mutmaßlich 15681568 JL
Camerarius an Crato, 05.08.15685 August 1568 JL
Werksigle OCEp 1433
Zitation Camerarius an Crato, 20.11.1567, bearbeitet von Jochen Schultheiß (17.12.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1433
Besitzende Institution
Signatur, Blatt/Seite
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Sapientia Jesu filii Sirachi, 1568
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. A2r-A7r
Zweitdruck in
Blatt/Seitenzahl im Zweitdruck
Sonstige Editionen
Wird erwähnt in
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Johannes Crato
Datum 1567/11/20
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Datierung des Briefes: XX. die M. Novembris, Anno Christi Iesu, MDLXVII
Unscharfes Datum Beginn
Unscharfes Datum Ende
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Cum te cognoverim paratum esse
Link zur Handschrift
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Camerarius, Sapientia Jesu filii Sirachi, 1568
Kurzbeschreibung Camerarius legt zunächst die Umstände der Werkentstehung dar. Zunächst habe er nicht beabsichtigt, zu der Edition des griechischen Textes auch eine Übersetzung zu erstellen. Er habe die Sprache des Werkes als zu wenig elegant, zu ungelenk und unharmonisch empfunden. Camerarius legt die Maximen dar, die er bei der Übersetzung verfolgt habe, berichtet aber auch von den Schwierigkeiten, die diese ihm bereitet habe. Camerarius habe keine paraphrastische Wiedergabe erstellen wollen, bei der zwar der Sinn zum Ausdruck gebracht werde, die Übersetzung sich jedoch vom Ausgangstext weit entfernen könne. Vielmehr habe er eine metaphrastische Wiedergabe erstellt, bei der möglichst viele sprachliche Elemente der Vorlage beibehalten blieben. Daraufhin reflektiert Camerarius über den Inhalt des Werkes und legt seinen Wert für die religiöse und die moralische Erziehung dar. Camerarius prangert eine allgemeine Publikationsflut an, die er auf das Geltungsbedürfnis der Autoren zurückführt. Er selbst bekenne sich zwar auch zu seiner Schreibwut, wolle aber andere davor warnen, dass man sich durch übereiltes Schreiben auch Schaden zufügen könne. Dies gelte eher für ernsthafte Gattungen. Aus unterhaltsamen Werken könne kaum ein Nachteil erwachsen, solange sie nicht ins Obszöne oder ins Klamaukige reichten. Abschließend erwähnt Camerarius die "Weisheit Salomons". Auch diese Schrift wolle er gerne edieren, wenn Crato interessiert sei. Es handle sich hierbei um ein Werk, das bestens für die Erziehung von Cratos Sohn Johann Baptist verwendet werden könne.
Anlass
Register Briefe/Widmungsbriefe; Stilkritik; Werkgenese; Übersetzungstheorie
Handschrift unbekannt
Bearbeitungsstand validiert
Notizen
Wiedervorlage ja
Bearbeiter Benutzer:JS
Gegengelesen von Benutzer:US
Datumsstempel 17.12.2019
Werksigle OCEp 1433
Zitation Camerarius an Crato, 20.11.1567, bearbeitet von Jochen Schultheiß (17.12.2019), in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/OCEp_1433
Ausreifungsgrad Druck
Erstdruck in Camerarius, Sapientia Jesu filii Sirachi, 1568
Blatt/Seitenzahl im Erstdruck Bl. A2r-A7r
Fremdbrief? nein
Absender Joachim Camerarius I.
Empfänger Johannes Crato
Datum 1567/11/20
Datum gesichert? ja
Bemerkungen zum Datum Datierung des Briefes: XX. die M. Novembris, Anno Christi Iesu, MDLXVII
Sprache Latein
Entstehungsort Leipzig
Zielort o.O.
Gedicht? nein
Incipit Cum te cognoverim paratum esse
Regest vorhanden? ja
Paratext ? ja
Paratext zu Camerarius, Sapientia Jesu filii Sirachi, 1568
Kurzbeschreibung Camerarius legt zunächst die Umstände der Werkentstehung dar. Zunächst habe er nicht beabsichtigt, zu der Edition des griechischen Textes auch eine Übersetzung zu erstellen. Er habe die Sprache des Werkes als zu wenig elegant, zu ungelenk und unharmonisch empfunden. Camerarius legt die Maximen dar, die er bei der Übersetzung verfolgt habe, berichtet aber auch von den Schwierigkeiten, die diese ihm bereitet habe. Camerarius habe keine paraphrastische Wiedergabe erstellen wollen, bei der zwar der Sinn zum Ausdruck gebracht werde, die Übersetzung sich jedoch vom Ausgangstext weit entfernen könne. Vielmehr habe er eine metaphrastische Wiedergabe erstellt, bei der möglichst viele sprachliche Elemente der Vorlage beibehalten blieben. Daraufhin reflektiert Camerarius über den Inhalt des Werkes und legt seinen Wert für die religiöse und die moralische Erziehung dar. Camerarius prangert eine allgemeine Publikationsflut an, die er auf das Geltungsbedürfnis der Autoren zurückführt. Er selbst bekenne sich zwar auch zu seiner Schreibwut, wolle aber andere davor warnen, dass man sich durch übereiltes Schreiben auch Schaden zufügen könne. Dies gelte eher für ernsthafte Gattungen. Aus unterhaltsamen Werken könne kaum ein Nachteil erwachsen, solange sie nicht ins Obszöne oder ins Klamaukige reichten. Abschließend erwähnt Camerarius die "Weisheit Salomons". Auch diese Schrift wolle er gerne edieren, wenn Crato interessiert sei. Es handle sich hierbei um ein Werk, das bestens für die Erziehung von Cratos Sohn Johann Baptist verwendet werden könne.
Register Briefe/Widmungsbriefe; Stilkritik; Werkgenese; Übersetzungstheorie
Datumsstempel 17.12.2019


Regest

Camerarius beginnt mit Freundschaftsbekundungen gegenüber Crato und leitet hiervon zum Anlass des Briefes über. Die Aufforderung (postulatio) Cratos habe Camerarius zur Ausarbeitung des nun vorliegenden Werkes bewogen (A2v). Ein solches Werk habe Camerarius zuvor nicht der Allgemeinheit zur Lektüre vorlegen wollen. Zu jener Zeit habe er nämlich nicht beabsichtigt, zu dem griechischen Werk, das er herausgegeben habe, eine Übersetzung zu erstellen. Der Grund hierfür sei neben anderem insbesondere der gewesen, dass Camerarius vor der sprachlichen Form des Werkes zurückschauderte. Hierin sei nichts, was an den Charakter und an die Eleganz der griechischen Sprache erinnere. Camerarius habe auch der Wille dazu gefehlt, seine Aufmerksamkeit einer fremden Sprechweise (externa & aliena locutio) zuzuwenden (A2v-A3r). Dies sei insbesondere der Fall gewesen, als er bemerkt habe, dass diese durch wundersame Windungen von der einfachen Gestalt abweiche und durch vielfältige Figuren wie ein buntes Kleid in außergewöhnlicher Abwechslung verziert sei. Anstoß habe bei Camerarius ebenso der unharmonische Stil (dissentanea elocutio) erregt, da die Wörter weniger passend zusammengestellt seien (verbis minus apte compositis). Abgesehen von den Vorbehalten gegenüber dem unschönen Stil habe er teils auch deshalb von dem Text abgelassen, weil er manche Sentenzen nicht passend übersetzen konnte. Er habe auch die Mühe gescheut, andere zu fragen, wobei in den meisten Fällen nicht die Klugheit eines Erklärers gefragt gewesen sei, sondern eher der Scharfsinn eines Textkritikers (coniector). Der schlechte Zustand des Werkes werde bereits durch den Hinweis des Hieronymus und aus verschiedenen Ausgaben, die überliefert seien, deutlich (A3r/v). All dies habe dazu beigetragen, dass Camerarius vor Cratos Bitte zurückgeschreckt sei. Ebenso habe ihn die Befürchtung über den Ausgang eines solchen Versuchs zurückhaltend gemacht. Nach dem Tod des Quirinus Schlaher, der ein enger Freund Cratos gewesen sei, haben Camerarius' Arbeiten (an der Übersetzung) nachgelassen. Crato habe geschrieben, dass Schlaher mit großem Bedürfnis nach einer getreueren Übersetzung verlange, als sie die gängige Version (vulgata; Anm. 1) biete. Camerarius' Arbeiten, die durch die Häufigkeit der Briefe von Crato wieder angetrieben worden seien, seien schließlich vorangeschritten und hätten das Vorhaben zu einem Ende gebracht.
Camerarius habe versucht, einiges so zu übersetzen, dass "gewissermaßen das Antlitz der lateinischen Sprache zum Vorschein käme" (ut Latini sermonis quasi facies appareret). Aber in den meisten Fällen habe dies nicht geschehen können, damit er nicht durch die Abschwächung der Rauheit und der Disharmonie der fremden und misstönenden Sprache in den noch größeren Nachteil verfalle, den die Verdunklung oder Entstellung einer herausragenden und einzigartigen Sentenz bringe (A4r). Camerarius wolle jedoch nicht paraphrastisch (παραφραστικῶς) übersetzen. Dies würde bedeuten, dass er die Aussage des Autors nach eigenem Gutdünken und in der Form, die ihm gefalle, wiedergäbe (exponendo sententiam autoris iudicio meo & ea orationis forma, quae mihi arrideret). Vielmehr wolle er metaphrastisch (μεταφραστικῶς) übersetzen. Das bedeute nicht nur die Verdeutlichung, Übersetzung und Wiedergabe des Sinns, sondern auch der Wörter und, soweit möglich, ihrer Anordnung (non solum sententiae sed verborum quoque, & quoad fieri potest, compositionis explicatio & interpretatio & expressio). Notwendig hingegen sei beim Übersetzen von einer Sprache in eine andere zwar die Änderung der Formen, die das Tempus anzeigen, des Numerus, des Genus, des Genus verbi und von Vergleichbarem. Hierbei sei Camerarius jedoch maßvoll, ja sogar sparsam geblieben.
Jetzt habe Crato vorliegen, wonach er verlangt habe. Das Urteil darüber sei nun ihm überlassen (A4v). In dem Werk fänden sich Ermahnungen, Aufforderungen, Lehren, auch Erörterungen gesammelt, die heilsam und aus verschiedenen Stellen der Heiligen Schrift gesammelt und getrennt dargelegt seien. Diejenigen, die diese läsen, ihnen ihre Aufmerksamkeit schenkten und ihnen folgten, würden dazu angespornt, ihre Frömmigkeit und Religiosität zu pflegen, und dazu angeleitet, in allen Bereichen des Lebens ihre Pflicht zu erfüllen. Über diese Inhalte würden zwar von Tag zu Tag mehr Worte geschwungen, in Handlungen kämen sie jedoch kaum zum Ausdruck. Bei all den Gefechten der Intellektuellen übe man sich nicht mehr privat noch öffentlich in lobenswerten Taten für Gott und die Öffentlichkeit (A4v-A5r). Sehr viele schienen zu fürchten, ihre Weisheit bleibe unerkannt und würde mit ihnen zugrunde gehen. Jeder werde von einem anderen Grund dazu bewogen, etwas von seinen Schriften herauszugeben (A5r). Deshalb bringe das gegenwärtige Zeitalter äußerst zahlreiche neue Bücher hervor. Hierunter seien auch die Arbeiten des Camerarius zu zählen, die erschienen seien oder unter dem verschmähten Papier verborgen blieben. Er wolle sich selbst gar nicht aus der Zahl jener ausnehmen, die nicht Ruhe geben und sich zurückhalten könnten. Auch er wolle, dass auf Büchern sein Name gelesen werde. Auch zu den Schreibwütigen lasse er sich gerne zählen. Wer sich auf diesem Gebiet beweisen wolle, solle sich aber in Acht nehmen, dass er sich nicht durch eine schlechte Publikation Schaden zuziehe (A5r/v). Dies gelte für ernsthafte Schriften, aus unterhaltsamen (in ludicris) könne kaum Schaden erwachsen, solange sie nicht obszön (obscoena) oder klamaukig (scurrilia) seien.
Das gegenwärtige Zeitalter falle in eine Phase äußerster Zersplitterung (A6r). Da müsse jeder zuschauen, dass er nichts tue, was gegen sein Gewissen verstoßen könnte. Dass er uns in der Unschuld bewahren möge, darum bete Camerarius zum dreieinigen Gott (A6r/v). Dessen Lob solle Camerarius' gesamte Arbeit dienen. Er empfehle dem Adressaten ein Buch, das den Titel "Weisheit des Salomon" trage und dessen Autor Philon (Anm. 2) sein solle. Dieses Werk gelte ebenso als würdig, in der Kirche gelesen zu werden. Auch der Jugend sei es anempfohlen. Camerarius habe sich einst an eine mehr oberflächliche Lektüre (expeditiorem) gemacht. Er wisse allerdings nicht, was bisher einer Edition entgegengestanden habe. Wenn Crato es richtig scheine, dass sich Camerarius nun hiermit beschäftige, dann wolle Camerarius seine Mühe auch auf eine Edition dieser Schrift für einen besseren allgemeinen Gebrauch verwenden. Diese Schriften sollen später Cratos Sohn Johann Baptist vorgelegt werden, damit sie von ihm ganz gelesen werden könnten. Schon bald aber könnten ihm Abschnitte gegeben werden, die er in seinem kindlichen Alter zu seiner religiösen Bildung auswendig lernen könne.

(Jochen Schultheiß)

Anmerkungen

  • Anm. 1: Mit vulgata meint Camerarius hier wohl konkret die so betitelte Bibelübersetzung des Hieronymus, der kurz zuvor erwähnt wurde. An dieser hielt die katholische Kirche weiterhin fest.
  • Anm. 2: Hier denkt Camerarius wohl an Philon von Alexandria.